Sonntag, 26. Mai 2013

Zustände

Für die Depressiven
hat man ein Abstellgleis gebaut.
Ihr versteht dass einem davor graut,
man dieses Elend nicht gern anschaut.

Die Schizophrenen werden unter der Tanzfläche verscharrt.
Das Leben ist kein Ponyhof, sondern bitterböse ernst und hart.
Hört ihr wie schön der Boden knarrt?
Sie veranstalten einen Höllenlärm.
Wer hört deren Geschrei schon gern?
Die laute Musik wird´s übertönen.
Daran kann man sich gewöhnen.
Mit einem solch stummen Erdbeben
lässt sich besser Leben.

Das Fußvolk feiert wilde Feste.
begräbt unter sich unliebsame Gäste.
Man wiegt sich im sicheren Takt.
Immerhin hat man sie nicht zerhackt.
Das spricht für Stil - ein feiner Akt.

Die Zwangsgestörten hat man ebenfalls gebeten
die Tanzfläche nicht zu betreten -
andernfalls würden sie bloßgestellt.
Wer kann schon Rücksicht nehmen in dieser Welt?
Elegant sollen die Festgäste sein.
Ein jeder bade sich im trügerischen Schein.
Lässt man lieber die anderen Schwein sein.
So ist man fein raus aus der Nummer,
erspart sich eine Menge Kummer.

Adelsstand wem Adelsstand gebührt - anderen verwehrt,
gehören auch die Süchtigen entehrt.
Auch sie werden weggesperrt.
Hinter Gittern
kann niemand ihr Versagen wittern.
Niemand muss vor Abscheu zittern.
Auf dass man das Stadtbild nicht ruiniert
hat man Anstalten konstruiert.
So bleibt den Gesunden viel erspart.
Dort sind sie sicher und gut verwahrt.

Ein jeder Bürger schockiert, hoch traumatisiert
durch jeden, der sich in ihre Reihen verirrt.
Man stelle sich das desaströse Stadtbild vor:
glanzlos, schäbig - kein Dekor.

Man sei gut beraten Missratene zu ignorieren.
Zu Scherzen beliebt man hier nicht.
Anstand als gutbürgerliche Pflicht.
Man kann so viel menschliches Versagen
doch wohl öffentlich nicht ertragen.
Gott sei Dank
ist hier sonst niemand krank.
So darf auch niemand danach fragen
welche Beschwerden die Gutmenschen plagen.

Amnestische Träume erfüllen die Nacht.
Alles vergessen bis man erwacht.
Mit dem nächsten Morgengrauen
darf man zu erinnern sich nicht trauen.
Ein jeder hat seine Leichen im Keller versteckt,
die besser niemand entdeckt
bis man selber verreckt.

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